Drei Jugendverbände demonstrierten am Mittwoch vor Christiansborg für die Abschaffung der Grenzkontrollen. Eine Begegnung mit Außenminister Lars Løkke Rasmussen sorgte für etwas Optimismus.

Es ist eine kleine Schar von jungen Menschen, die sich kurz vor 12 Uhr am Mittwoch vor dem Haupteingang des Folketings einfindet. Es ist Prüfungszeit – so einige können nicht kommen.

Die Jugendpartei der deutschen Minderheit, die Jungen Spitzen, die Europäische Jugend (Europæisk Ungdom) und die Jugend der Grænseforening haben eine Aktion vorbereitet: Nur wer seinen Pass dabeihat, dem soll Einlass ins Parlament gewährt werden – ansonsten bleibt der Schlagbaum unten. Die jungen Menschen demonstrieren für die Abschaffung der Grenzkontrollen.

„Die Grenzkontrollen sind doch reine Symbolpolitik, mit der man nur vorgibt, Probleme zu lösen. Die Regierung muss einsehen, dass sie, obwohl sie nur symbolischen Wert haben, reale Konsequenzen für die Menschen im Grenzland bedeuten“, sagt der Vorsitzende der Europäischen Jugend, Jakob Wind.

Katharina Kley (r.) und Sofie Knauer begrüßen sich.Foto: Walter Turnowsky

Handel und Arbeitskräfte als Argument

Bevor die Aktion beginnen kann, muss erst geklärt werden, wer in die Polizeiuniformen schlüpfen soll, um die „Grenzkontrollen“ durchzuführen. Nach kurzer Diskussion erklären sich Wind und die zweite Vorsitzende der Europäischen Jugend, die Nordschleswigerin Sofie Knauer, bereit.

Aus Nordschleswig ist die Vorsitzende der Jungen Spitzen, Katharina Kley, angereist. Sie hofft, wie die anderen, eine Mehrheit des Folketings davon zu überzeugen, dass die Kontrollen, nicht nur gelockert sondern abgeschafft werden müssen.

„Ich habe festgestellt, dass die besten Argumente sind, dass es schlecht für den Handel ist, wie viele Menschen über die Grenze pendeln und dass die nordschleswigschen Kommunen diese Arbeitskräfte brauchen. Jeder kann verstehen, dass es nervig ist, auf dem Weg zur Arbeit eine halbe Stunde im Stau zu stehen“, so Kley.

Sofie Knauer verwehrt Personen ohne Pass den Zugang zum Folketing.Foto: Walter Turnowsky

Grenzstau verspätet Sitzungsteilnahme

Mit diesen Argumenten stößt sie bei der justizpolitischen Sprecherin der Sozialistischen Volkspartei (SF), Karina Lorentzen Dehnhardt, auf offene Ohren. Sie hat sich mit Vertreterinnen und Vertretern des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) zu den Demonstrierenden gesellt.

„Man darf nicht vergessen, dass täglich 12.000 Menschen nach Dänemark pendeln. 7.000 von ihnen an unseren Krankenhäusern. Es ist kritisch, wenn Menschen aufgrund der Grenzstaus ihren Job aufgeben“, meint Lorentzen Dehnhardt.

Der Vorsitzende von Grænseforeningens Ungdom, Bo Sösemann, hat noch am Dienstag die negativen Folgen der Kontrollen erlebt. Er sollte an einer Sitzung im Folketing teilnehmen – und kam zu spät. Sein Bus aus Flensburg stand im Grenzstau.

„Viele von uns sind mit einer offenen Grenze aufgewachsen. Die Kontrollen behindern unser Leben im Grenzland, und sie lösen Verunsicherung aus, wenn einem bei der Fahrt nach Dänemark als Erster eine Polizeibeamtin oder ein -beamter begegnet. Das ist nicht das Bild, das Dänemark nach außen abgeben soll“, sagt er.

Der Vorsitzende von Grænseforeningens Ungdom, Bo Sösemann, mit SF-Politikerin Karina Lorentzen DehnhardtFoto: Walter Turnowsky

Strategiewechsel

Die Jugendlichen dürfen ihren Schlagbaum nicht direkt vor der Treppe von Christiansborg aufbauen, und so funktioniert das mit der Einlasskontrolle zum Folketing nicht so ganz. Also ändern sie schnurstracks die Strategie und drücken den Menschen, die ein und aus gehen, Flugblätter in die Hand.

„Es ist ganz wichtig zu betonen, dass die Grenzkontrolle weiterhin nach EU-Recht illegal ist. Der Grundgedanke von Schengen, offene Grenzen intern in der EU, ist immer noch wichtig und grundsätzlich für die EU-Zusammenarbeit“, so Kley.

Die SSW-Landstagsabgeordneten Sibylla Nitsch (links) und Christian Dirschauer (neben Sofie Knauer) schauten bei der Aktion vorbei.Foto: Walter Turnowsky

Sobald die Demo-Teilnehmenden prominente Politikerinnen und Politiker entdecken, sausen sie los, um ihnen ein Flugblatt zy geben. Und so kennen nun unter anderem Beschäftigungsministerin Ane Halsboe-Jørgensen (Soz.), Unterrichtsminister Mathias Tesfaye (Soz.) und Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) die Argumente der drei Jugendverbände gegen die Kontrollen.

„Wir haben richtig viele sozialdemokratische Politikerinnen und Politiker erwischt“, meint Sofie Knauer lachend nach einem weiteren Vorstoß.

Løkkes halbes Versprechen

Nach knapp eineinhalb Stunden bereiten die Demonstrierenden sich allmählich darauf vor, die Aktion zu beenden. Doch dann fährt eine schwarze Ministerlimousine vor, und oben auf der Treppe erscheint Außenminister Lars Løkke Rasmussen von den Moderaten.

Außenminister Lars Løkke Rasmussen im Gespräch mit Jakob Wind Foto: Walter Turnowsky

Jakob Wind geht zu ihm hinauf und überreicht ihm das Flugblatt. Er stimme grundsätzlich zu, sagt der Zentrumpolitiker, als er sieht, worum es geht. Er müsse jedoch noch seine Koalitionspartner von der Sozialdemokratie und Venstre davon überzeugen.

„Die Lockerungen waren ein wichtiger Schritt. Wir müssen sehen, was weiter geschieht“, sagt er noch zu den jungen Leuten, bevor er in seinen Dienstwagen steigt.

Hier geht es zum Orginalartikel vom Nordschleswiger.